Landgang der Pflanzen

450 Millio­nen Jahre
oder 110 Meter vor heute

Zeit­al­ter: Paläo­zoi­kum / Ordovicium

Erste Pflan­zen und Insek­ten erobern das Land, viele neue Arten entste­hen. Es herrscht ein tropi­sches Klima, das die Pflan­zen jedoch grund­le­gend verän­dern: Sie binden Kohlen­di­oxid (Treib­haus­gas) aus der Atmo­sphäre, die Tempe­ra­tur auf der Erde sinkt. Gleich­zei­tig steigt der Sauer­stoff­ge­halt der Atmo­sphäre. Auch die Chemie des Meeres verän­dert sich. Der Groß­kon­ti­nent Gond­wana drif­tet über den Südpol. Alles zusam­men löst das zweite große Arten­ster­ben in der Erdge­schichte aus.

Der Super­kon­ti­nent Gond­wana bildet eine große Land­masse auf der Südhalb­ku­gel. Weiter nörd­lich nähern sich Lauren­tia und Baltica einan­der an. Große Teile der Konti­nente sind zunächst von flachen warmen Meeren bedeckt. Der durch den pflanz­li­chen Stoff­wech­sel bedingte Tempe­ra­tur­ab­fall führt jedoch zu einer neuen Eiszeit.

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Der Zeit­punkt des Land­gangs der Pflan­zen ist mit zahl­rei­chen Fossil­fun­den gut belegt. Er fand wahr­schein­lich bereits im Ordo­vi­zium statt, also vor ca. 480–450 Mio. Jahren und damit gut 100 Mio. Jahre vor dem Land­gang der Wirbel­tiere. Der Land­gang der Pflan­zen hat wahr­schein­lich einen direk­ten und wesent­li­chen Einfluss auf die Klima­ent­wick­lung gehabt, weil durch die zuneh­mende Photo­syn­the­se­ak­ti­vi­tät die CO2-Konzen­tra­tion der Atmo­sphäre abnahm und es dadurch zu einer Abküh­lung des tropi­schen Klimas kam. Aller­dings beschrän­ken sich die gesi­cher­ten Fossil­funde auf Arten, die bereits gut an das Land­le­ben ange­passt waren. Alters­be­stim­mun­gen mit Hilfe der Methode der Mole­ku­la­ren Uhr lassen sogar vermu­ten, dass die ältes­ten Land­pflan­zen noch ca. 300 Mio. Jahre älter waren als die ältes­ten als Fossi­lien erhal­te­nen Exemplare.

Mit großer Wahr­schein­lich­keit haben sich die ersten Land­pflan­zen aus der Gruppe der Armleuch­teral­gen (Chara­les) heraus entwi­ckelt, die Gemein­sam­kei­ten bei Wachs­tum, Fort­pflan­zung und Zell­tei­lung mit den Land­pflan­zen aufwei­sen. Das wurde anhand von mole­ku­lar­ge­ne­ti­schen Unter­su­chun­gen unter­mau­ert, die die Genome von vier­zig verschie­de­nen Algen und Land­pflan­zen mit einan­der verglichen.

Armleuch­teral­gen (Chara vulga­ris) bilden einen Teppich nahe der Wasser­ober­flä­che eines Tümpels. (Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Chara1.jpg)

Voraus­set­zun­gen für das Leben an Land

Während wasser­le­bende Pflan­zen nie in Trocken­stress gera­ten, ist dies für Land­pflan­zen eine stän­dige Gefahr. Der Mecha­nis­mus, den die Land­pflan­zen dafür entwi­ckelt haben, besteht in der Produk­tion des Stress­hor­mons Abscis­in­säure. Es wird bei heuti­gen Pflan­zen als Reak­tion auf Trocken­heit ausge­schüt­tet und sorgt dafür, dass sie auf einen Wasser­spar­mo­dus umschal­ten. Für die im Wasser leben­den Armleuch­teral­gen ist eine solche Regu­la­tion zwar über­flüs­sig, trotz­dem besit­zen sie bereits Gene, die frühe Synthe­se­schritte für das Phyto­hor­mon codie­ren. Auch sind Armleuch­teral­gen in der Lage, Ethy­len zu detek­tie­ren, das bei moder­nen Pflan­zen Prozesse wie die Blüten­ent­wick­lung oder die Frucht­rei­fung steu­ern; Gene für die Produk­tion dieses Gases fehlen aller­dings (noch).

Ausbildung einer Wurzel und einer Cuticula

Heutige Land­pflan­zen besit­zen in der Regel eine Cuti­cula – eine wachs­ar­tige Schicht, die die gesamte Pflanze über­zieht (mit Ausnahme der Wurzeln) und von der äuße­ren Zell­schicht abge­schie­den wird.

Die ersten Land­pflan­zen hatten noch keine (oder zumin­dest keine leis­tungs­fä­hige) Cuti­cula und konn­ten Wasser und Nähr­stoffe mit der ganzen Ober­flä­che aufneh­men. Sie wiesen auch noch keine Wurzel auf. Ihre Rhizo­ide, die manch­mal als Analo­gon zur Wurzel betrach­tet werden, wurden primär nicht zur Aufnahme von Wasser und Nähr­stof­fen entwi­ckelt, sondern dien­ten der Befes­ti­gung am Unter­grund. Heute lebende Pflan­zen mit solchen Rhizo­iden, also ohne echte Wurzel, sind die Moose.

Erste Anpas­sun­gen an das Land­le­ben bestan­den darin, dass die vom Boden abge­ho­be­nen Teile der Pflan­zen durch Bildung der Cuti­cula gegen Wasser­ver­luste geschützt wurden. Die Wasser­auf­nahme wurde zugleich auf die unte­ren Pflan­zen­be­rei­che verlagert.

Sche­ma­ti­scher Aufbau einer Moos­pflanze. Die Nähr­stoff- und Wasser­auf­nahme erfolgt über die unte­ren Blät­ter. Das Rhizoid dient ledig­lich der Veran­ke­rung am Untergrund.

Erst bei den Farnen treten Gewe­be­wu­che­run­gen im Inne­ren des Vege­ta­ti­ons­kör­pers auf, die zum Plat­zen der Epider­mis führen, wodurch Gewebe heraus­quillt. Dieses Gewebe kann schon von seiner Entste­hung her nicht mit einer Schutz­schicht aus Cutin über­zo­gen sein und ist daher bestens zur Aufnahme von Wasser und Nähr­stof­fen geeig­net. Dank der Rhizo­ide, die die Pflanze am Substrat fest­hal­ten, wird das aus dem Inne­ren des Orga­nis­mus hervor­wach­sende Gewebe in das Substrat hinein­ge­drückt und hebt nicht etwa die Pflanze empor. Bei diesen Zell­wu­che­run­gen der frühen Farne handelt es sich jedoch noch nicht um echte Wurzeln. So besit­zen sie im Inne­ren beispiels­weise kein Leit­ge­webe, in dem ein geziel­ter Wasser- oder Stoff­trans­port statt­fin­den könnte.

Wurm­farn mit Wurzel­stock und Wedeln. Die klei­nen Ausschnitte rechts zeigen die Sporen­be­häl­ter, die in punkt­för­mi­gen Anhäu­fun­gen auf der Blatt­un­ter­seite wach­sen. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Echte_Farne#/media/File:Dryopteris_filix_mas_nf.jpg)

Die Entste­hung der echten Wurzeln ist durch Fossi­lien nicht gut doku­men­tiert. Heut­zu­tage gibt es zwei prin­zi­pi­ell unter­schied­li­che Wurzel­sys­teme, nämlich die homo­ge­nen Wurzel­sys­teme der Farne und Einkeim­blätt­ri­gen, bei denen viele gleich­ar­tige Wurzel­fä­den am unte­ren Ende der Spross­achse austre­ten, und die hete­ro­ge­nen Wurzel­sys­teme der Zwei­k­eim­blätt­ri­gen, bei denen eine oder mehrere Haupt­wur­zeln sich in Seiten­wur­zeln verzwei­gen. Vermut­lich waren die homo­ge­nen Wurzel­sys­teme der Farne die ersten echten Wurzeln, in denen auch Leit­ge­webe für den Wasser- und Nähr­stoff­trans­port in den Pflan­zen­kör­per ausge­bil­det wurden.

Die Wurzeln wach­sen bei der Keimung als erstes aus der Samen­schale heraus und sichern die Veran­ke­rung des Keim­lings im Unter­grund sowie die Nähr­stoff­zu­fuhr für die Pflanze. Bei einer Wurzel wird über­dies das Eindrin­gen in ein Substrat wie z.B. Erde durch die Bildung einer Gleit­schicht aus dege­ne­rie­ren­den (zugrunde gehen­den) Zellen erleich­tert, die an der Wurzel­spitze immer neu gebil­det werden. Eine solche Wurzel­haube oder Calyp­tra über der Spit­zen­wachs­tums­zone der Wurzel ist auch bei Luft­wur­zeln als Schutz für die aus dem Bildungs­ge­webe heraus­wach­sen­den Zellen immer vorhanden.

Echte Wurzel mit Wurzel­haube aus toten Zellen (4) (Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Root-tip-tag.png)

Anpas­sung der Fortpflanzung

Um die Auskei­mung einer neuen Pflanze vor Austrock­nung zu schüt­zen, haben die Land­pflan­zen die ersten Zell­tei­lun­gen dieser Keime in eine Hülle (Samen­schale) verlegt. Diese Hülle wird noch von der Mutter­pflanze gebil­det und enthält auch Nähr­ge­webe für den in ihr heran­wach­sen­den Keim. Der Keim inner­halb der Hülle wird auch Embryo genannt, und die Land­pflan­zen heißen deshalb Embryophyten.

Pflan­zen­em­bryo. Aus der befruch­te­ten Zygote wächst der Embryo heran und in das sich eben­falls vermeh­rende Nähr­ge­webe (Endo­sperm) hinein. Noch inner­halb der Samen­schale werden die Keim­blät­ter und die Wurzel (Radi­cula) ange­legt. Im Beispiel ist eine zwei­k­eim­blätt­rige Pflanze gezeigt.

Die Bildung von Embryo­nen bei Pflan­zen und Tieren sind unab­hän­gig vonein­an­der entstan­den und als Methode zur Entwick­lung von Keim­lin­gen außer­halb des Wassers anzu­se­hen. [KHB]

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